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Der König ist tot – Hoch lebe die Königin!

… wobei mit dem König unsere mehrheitlich traditionelle Geschäftswelt, mit der Königin deren zahlreiche Alternativen gemeint ist (… und ausserdem bin ich eine Autorin).

Die Tradition lebe hoch in unseren staatlichen und privaten Unternehmen! Hohe Bürokratie, Hierarchie, demotivierte Mitarbeiter. Die Global Workforce Study 2014 von Tower Perrin zeigt hierzu auf, dass 40% der Mitarbeiter hochengagiert sind, 19% sich mehr engagieren würden, wenn sie die Ermächtigung oder mehr Energie hätten, 17% wenig und die restlichen 24% nicht engagiert sind.

Und dabei machen uns Management-Innovatoren wie Zappos, Topcoder, Valve, Morning Star, WL Gore, HCL Technologies, Google, Handelsbanken, Oticon, Southwest Airlines, dm-drogerie markt und viele mehr vor, dass es auch andere, alternative Ansätze gibt.

Unternehmen mit diesen Ansätzen vertreiben nicht nur immer mehr Player vom Markt, sondern experimentieren mit Management-Modellen, die zu hoch motivierten Mitarbeitern, innovativen Produkten und Dienstleistungen, Schnelligkeit und Agilität im Handeln sowie Nähe zum Kunden führen.

Die Karten werden neu gemischt

Neue Technologien und Geschäftsmodelle, wachsende Märkte, Bedenken zur globalen Nachhaltigkeit oder die sogenannte “Generation Y” bringen neue strategische Herausforderungen für unsere heutige Geschäftswelt mit sich. Dazu gehören die Überprüfung des Unternehmenszwecks (“Was machen wir eigentlich und für wen?”), Innovationsfähigkeit, Agilität und über das Unternehmen hinausgehendes Engagement für die Gesellschaft.

Der König ist tot – Hoch lebe die Königin!: Zeitalter

Blicken wir kurz zurück. In der Transitionsphase  vom Industrie- zum Informationszeitalter verdrängte Effizienz Effektivität und Produktivität Motivation. (In manchen Unternehmen existieren noch beide Zeitalter parallel.)

Seit einigen Jahren befinden wir uns nun in der Transition zum Post-Informationszeitalter. Wir haben noch immer nicht die Fähigkeit entwickelt, die wachsende Menge an Informationen auszuwerten und für breite Zwecke zu nutzen. Und dies führt oft zu einer Überforderung im Treffen von Entscheidungen.

Julian Birkinshaw, Professor für Strategie und Entrepreneurship an der London Business School, spricht sich in seinem Lehrgang “Managing the Company of the Future” dafür aus, dass wir im Post-Informationszeitalter dazu übergehen sollten, entscheidungsfreudiger zu handeln und auf emotionaler Ebene Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Unternehmen sollten sich seiner Meinung nach diese drei Fragen stellen, um sich den Herausforderungen der heutigen Zeit zu stellen:

  1. Wie können wir uns schnell genug verändern, um in dieser turbulenten Welt noch relevant zu bleiben? (Agilität)
  2. Wie innovativ und kühn genug müssen wir sein, um gegenüber unseren Mitbewerben in Führung zu bleiben? (Innovationskraft)
  3. Wie gestalten wir eine Organisation, in der Menschen fähig und willens sind, ihr Bestes zu geben? (Engagement)

Definieren und Experimentieren mit neuen Management-Modellen

Unternehmen setzen sich in ihren Geschäftsmodellen damit auseinander, wie sie ihre Einnahmen erwirtschaften, wie sie ihre Kostenstruktur gestalten und Gewinn erzielen können.

Bei einem Management-Modell hingegen trifft das Unternehmen die Wahl, wie es die Arbeiten koordinieren, Entscheidungen treffen oder Mitarbeiter motivieren möchte.

Der König ist tot – Hoch lebe die Königin!: Traditionelles und alternatives Management-Modell

Koordination

In traditionellen Modellen wird die Koordination der Arbeiten erreicht durch formale Regeln und Prozeduren. Diese haben den Vorteil, dass sie Effizienz fördern, Mitarbeitern gemäss ihrer Expertise Rollen zuordnen und Bevorteilung eliminieren können. Die Nachteile dieser Art der Koordination sind jedoch langwierige Prozesse, Fokussierung auf sich selbst (und nicht auf den Markt und den Kunden), geringe Kompetenzen bei den Mitarbeitern und wenig Raum für Kreativität.

In alternativen Management-Modellen geschieht die Koordination spontan. Mitarbeiter, die unabhängig voneinander sind und eine Aufgabe oder ein Ziel fokussiert verfolgen, haben ein Eigeninteresse daran, freiwillig miteinander Wert zu schaffen. Die Vorteile liegen darin, dass sie schnell auf Änderungen des Systems reagieren können, diese Art der freiwilligen Zusammenarbeit positive Energien freisetzt und Kreativität ermöglicht. Beispiele dieser Art der Koordination sind Agile Development, selbst-organisierte Teams, organisatorisches Lernen, “Strategie als einzige Regel”, “Beyond Budgeting”. In einigen der Unternehmen, die diesem Prinzip folgen, wählen die Mitarbeiter selbst aus, in welchen Projekten sie arbeiten und welche Produkte sie an den Markt bringen möchten (z.B. bei WL Gore).

Treffen von Entscheidungen

Ausgeprägtes Hierarchiedenken ist Teil traditioneller Management-Modelle. Manager verfügen über eine legitimierte Autorität über ihre Mitarbeiter und treffen notwendige Entscheidungen selbst. Zugrundeliegend ist auch hier ein negatives Menschenbild, welches davon ausgeht, dass man als Manager seinen Mitarbeitern das Denken abnehmen muss, da diese nicht dazu befähigt sind, Entscheidungen selbst oder im Team zu treffen.

Auch Hierarchie hat seine Vorteile. Sie bildet eine Struktur für grosse Unternehmen, ermöglicht ein schnelles Treffen von Entscheidungen und sichert eine Angleichung von Macht und Verantwortung. Nachteilig ist jedoch, dass ein auf Hierarchie beruhendes System annimmt, dass der Vorgesetzte es immer am Besten weiss, Informationen zwischen den verschiedenen Ebenen nicht frei fliessen, nicht genügend Manager wirklichen Nutzen für das Unternehmen oder ihre Mitarbeiter erarbeiten und sich Mitarbeiter unterer Hierarchieebenen entfremdet und Kompetenzlos fühlen.

Das Prinzip der kollektiven Weisheit als alternatives Modell geht hingegen davon aus, dass es unter bestimmten Umständen genauere Vorhersagen und bessere Entscheidungen treffen kann als eine kleine Anzahl an Experten. Beispiele dafür sind Wikipedia oder Red Hat’s.

Motivation

Die Motivation der Mitarbeiter bildet eines der letzten Bestandteile eines Management-Modells, die Julian Birkinshaw beschreibt.

In traditionell gelebten Modellen basiert die Motivation der Mitarbeiter auf extrinsischen Faktoren wie der materiellen Entlöhnung der Leistungen (z.B. Bonussysteme). Diese Art der rein finanziellen Anerkennung von aussen führt oft zum Schaffen von Anreizen für falsches Verhalten, beispielsweise der Maximierung des eigenes Bonus anstatt dem Handeln im Sinne der Unternehmung.

Die intrinsische Motivation eines Menschen kann von aussen dahingehend gefördert werden, dass interessante Aufgabenfelder mit einhergehender Verantwortung und Kompetenz sowie Weiterentwicklungsmöglichkeiten geboten werden. Viele Studien belegen, dass sich Mitarbeiter in einem solchen Umfeld viel stärker engagieren, kreativer sind, unterstützend und gemeinschaftlich agieren. Dies gilt vor allem für die “Knowledge Worker”, für die eine enge Führung und Kontrolle destruktiv wirken.

Wie können Unternehmen ihr zugrundeliegendes Management-System ändern?

Hierfür gibt es die beiden grundsätzlichen Ansätze: Top-Down oder Bottom-Up.

Start-Up Unternehmen befinden sich in einer einfacheren Ausgangslage, da sie auf einer schlanken Struktur aufbauen und die Möglichkeit haben, intensiver zu experimentieren und ihr individuelles Modell zu finden.

Beispiele des Top-Down-Ansatzes sind Lars Kolind bei Oticon mit “Think the Unthinkable”, AG Lafley bei P&G mit “Connect & Develop”, Vineet Nayar bei HCL mit Schwerpunkt auf der Mitarbeiter-Motivation oder Paul Polman bei Unilever mit Schwerpunkt Zielsetzungen.

Der Bottom-Up-Ansatz nimmt sehr viel mehr Zeit, Energie und Geduld in Anspruch, Veränderungen herbeizuführen. Erfolgreiche Beispiele sind Ross Smith bei Microsoft mit seiner 42Projects-Initiative zum Entwickeln kreativer Wege im Software-Testing oder Jordan Cohen bei Pfizer mit PfizerWorks, einer Initiative, bei der Arbeit von geringem Nutzen an ein Team in Indien ausgelagert wurde.

Grundsätzlich gibt es kein allgemein gültiges Rezept für die Änderung des eigenen Management-Modells. Unternehmen können nach der Methode “Observe-and-Apply” vorgehen, indem sie ähnlich funktionierende Unternehmen beobachten und deren erfolgreiche Veränderungen adaptieren. Eine andere Methode extrahiert die essentiellen Prinzipien “unorthodoxer” Unternehmen und wendet diese im eigenen Unternehmen an.

Die meisten der Unternehmen, die sich Änderungen öffnen, experimentieren mit hybriden Systemen zwischen dem traditionellen und alternativen Modell und sind darin sehr erfolgreich.

¡Viva la Innovación! … oder wie ein chinesisches Sprichwort sagt “Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.”

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